1. Ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einsetzen, erlangt mit dem Tod des Erstversterbenden regelmäßig Bindungswirkung, weil die Verfügungen sich insoweit als wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB darstellen, als der eine Ehegatte den anderen nur deshalb zum Alleinerben einsetzt, weil dieser die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben bestimmt. Denn ein Ehegatte wird die durch die Einsetzung des anderen Ehegatten zum Alleinerben verbundene Enterbung der gemeinsamen Kinder regelmäßig nur deshalb in Kauf nehmen, weil der andere Ehegatte sie zugleich als Schlusserben einsetzt und so sichergestellt ist, dass die Kinder zumindest im zweiten Erbgang am Familienvermögen teilhaben können.
2. Durch das Versterben eines als Schlusserben eingesetzten Kindes nach dem Tod des Erstversterbenden, aber vor Eintritt des Schlusserbfalls entfällt die Bindungswirkung zu Gunsten eines Ersatzerben, wenn sich dessen Berufung nicht aufgrund einer individuellen Auslegung des Testaments ermitteln lässt sondern nur auf der Zweifelsregelung des § 2069 BGB beruht (Anschluss BGH FamRZ 2002, 747)
1. Zur Ermittlung des hypothetischen Erblasserwillens, wenn die als Alleinerbin eingesetzte Ehefrau vorverstorben ist.
2. Allein aus dem Umstand, dass der Erblasser gute verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie seiner Ehefrau, ins besonderen den Geschwistern und deren Familien, unterhalten hat, kann kein Wille zur Ersatzberufung der Geschwister der Ehefrau festgestellt werden.
Ein den Antrag des Testamentsvollstreckers auf Erteilung eines Zeugnisses über den Fortbestand der Testamentsvollstreckung zurückweisender rechtskräftiger Beschluss des Nachlassgerichts kann geeignet sein, gegenüber dem Grundbuchamt die Beendigung der Testamentsvollstreckung nachzuweisen.
1. Bei der Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist gemäß § 1956 BGB sind für die Kausalitätsprüfung des Irrtums für den hypothetischen Kausalverlauf die dem Anfechtenden zum Zeitpunkt des Fristablaufs bekannten und darüber hinaus die für ihn damals mit zumutbarer Anstrengung erfahrbaren Umstände zu Grunde zu legen, nicht jedoch die erst wesentlich später bekannt gewordenen Tatsachen, die zu der weiteren Anfechtung dieser Anfechtungserklärung geführt haben.
2. Für diese zweite Anfechtung gelten die Fristen des § 121 BGB, nicht die längeren Fristen des § 1954 BGB.
1. Die Verweisung eines Hilfesuchenden vor Übernahme von Bestattungskosten aus Sozialhilfemitteln auf einen Ausgleichsanspruch gegen einen anderen gleichrangig zur Bestattung verpflichteten Familienangehörigen ist zulässig, wenn der Ausgleichsanspruch nicht mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden kann und insbesondere der Eindruck entsteht, dass sich ein wirtschaftlich durchaus leistungsfähiges Familienmitglied vor der finanziellen Verantwortung drücken möchte. In diesen Fällen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, die nicht schon mit einer lapidaren Weigerung eines Familienmitglieds zur Kostenübernahme als ausgeschlossen betrachtet werden darf (Anschluss an SG Reutlingen vom 14.11.2013 - S 4 SO 1520/12 = IÖD 2014, 18).(Rn.23)
2. Der Hilfesuchende hat substantiiert vorzutragen und zu belegen, welche konkreten Anstrengungen er unternommen hat, bestehende Ausgleichsansprüche gegenüber anderen Bestattungspflichtigen geltend zu machen und gegebenenfalls zu realisieren. (Rn.24)
3. Es ist nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, bei zerrütteten innerfamiliären Verhältnissen ein Familienmitglied durch Überleitung von Ausgleichsansprüchen bereits von vornherein davon zu entlasten, sich ernsthaft um einen Ausgleich der auf die anderen Familienmitglieder entfallenden Kostenanteile bemüht zu haben. (Rn.25)
Der Rücknahme eines Erbvertrages aus der amtlichen Verwahrung steht nicht entgegen, dass die darin enthaltene Zuwendung an einen Minderjährigen mit der Bestimmung verknüpft ist, dass die elterliche Vermögenssorge in Ansehung des Zuwendungsgegenstandes nur von dem Kindesvater soll ausgeübt werden können.(Rn.5)
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. November 2014
Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.
Hat das Grundbuchamt Anhaltspunkte für die Testierunfähigkeit eines Erblassers im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung einer letztwilligen Verfügung, kann dennoch zum Nachweis der Erbfolge die Vorlage der Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung genügen, wenn das Prozessgericht in einem zwischen den einzig in Betracht kommenden Erbprätendenten geführten Rechtsstreit rechtskräftig das Erbrecht desjenigen festgestellt hat, der in der letztwilligen Verfügung als Erbe bestimmt worden ist. Die Feststellungen können auch in einem Anerkenntnisurteil getroffen worden sein.
Die in § 2057 BGB normierte Auskunftspflicht erstreckt sich auf sämtliche Zuwendungen, welche potenziell gemäß den §§ 2050ff BGB auszugleichen sein können. Dies betrifft auch solche Zuwendungen, bei denen im Schenkungsvertrag eine Gleichstellung unter den Beschenkten erfolgte. Soweit die Zuwendung im Rahmen der Erteilung einer Auskunft unerwähnt bleibt, rechtfertigt dies die Besorgnis, dass die Auskunftserteilung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt wurde und begründet somit die Verurteilung zur Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte an Eides statt.
AG Bingen, Urteil vom 07. November 2014 – 21 C 121/13
Der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegt - vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung durch den Erblasser - auch ein in den Nachlass fallender Pflichtteilsanspruch.(Rn.7)
1. Die Bestimmung von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, dass ihre Verfügungen auch für den Fall der Ehescheidung gelten sollen, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass die Verfügung auch für den Fall der Wiederverheiratung eines Ehegatten fortbestehen sollte.(Rn.24)
2. Die Anfechtung der Verfügung in dem gemeinschaftlichen Testament durch den zweiten Ehegatten ist nicht davon abhängig, dass die Anfechtung zur Wirksamkeit einer späteren testamentarischen Erbeinsetzung des zweiten Ehegatten führt.(Rn.25)
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat Anträge der Deutschen Lufthansa AG gegen die Vereinigung Cockpit e.V. zurückgewiesen, den Streik am 20. und 21.10.2014 zu unterlassen (Hessisches LAG, Beschl. v. 20.10.2014 - 9 Ta 573/14). Die Entscheidung erfolgte wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung. Gegen den Beschluss gibt es kein Rechtsmittel.
Arbeitgeber dürfen im Einzelfall älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewähren als jüngeren (hier: zwei Urlaubstage mehr ab Vollendung des 58. Lebensjahres). Hierin liegt zwar eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Diese ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt, wenn die Urlaubsregelung dem Schutz älterer Arbeitnehmer dient sowie geeignet, erforderlich und angemessen i.S.v. § 10 Satz 2 AGG ist. Dem Arbeitgeber steht insoweit eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu.
Beruft sich die beklagte Versicherung im Rechtsstreit um die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung nach erklärter Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung zum Nachweis der von ihr behaupteten bewusst falschen Beantwortung von Gesundheitsfragen durch den Versicherten im Antragsformular auf das Zeugnis des Hausarztes des mittlerweile Verstorbenen, ist von einer mutmaßlichen Entbindung des Arztes von seiner Schweigepflicht (§ 385 Abs. 2 ZPO) nicht auszugehen, weshalb der Arzt zur Zeugnisverweigerung gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigt ist. Ein Interesse des Verstorbenen an der Aussage des Zeugen besteht nicht. Wurden Gesundheitsfragen wahrheitswidrig beantwortet, geht sein Interesse vielmehr gerade dahin, dies nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme zu offenbaren.
In einer nach § 40 Abs. 1 GmbHG einzureichenden Gesellschafterliste ist ein Zusatz, wonach in Bezug auf einen Gesellschaftsanteil Testamentsvollstreckung angeordnet ist, unzulässig (Abgrenzung zu BGH ZIP 2012, 623 = FGPrax 2012, 121).
Die Erklärung einer Grundstücksauflassung mittels postmortaler Vollmacht, die kein unzulässiges Insichgeschäft darstellt, bedarf nicht der Zustimmung der Erben bzw. des Testamentsvollstreckers.
Soweit zwischen den Parteien eines Kaufvertrags der Kaufpreis anhand eines zuvor eingeholten Wertgutachtens bestimmt wurde, kann ein auffallendes, grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein nicht die Vermutung begründen, die Parteien des Kaufvertrags seien über eine (Teil-)Unentgeltlichkeit des Geschäftes einig gewesen. Derjenige, welcher sich auf die (Teil-)Unentgeltlichkeit des Geschäftes beruft, hat hier den vollen Beweis für den Schenkungswillen der Beteiligten zu erbringen.
1. Der Arbeitgeber kann nach § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG gehalten sein, dem Arbeitnehmer insoweit zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen anzubieten. Das setzt aber voraus, dass im Kündigungszeitpunkt feststeht oder mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass nach Abschluss der Maßnahme ein geeigneter freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden sein wird. Dagegen ist der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Vorgaben nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer allein zum Zwecke der Qualifikation weiter zu beschäftigen, ohne dass ein geeigneter Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen (absehbar) alsbald frei würde.(Rn.21)
2. Die Stellen eines internen Qualifizierungs- und Vermittlungscenters, die Arbeitnehmern angeboten werden, für die - aus Sicht des Arbeitgebers bzw. der Betriebsparteien - nach Wegfall ihrer bisherigen Aufgaben ein anderweitiger Arbeitsplatz im Unternehmen nicht oder nicht absehbar zur Verfügung steht und die ausschließlich der Qualifikation und der Vermittlung an andere Unternehmen innerhalb und außerhalb des arbeitgeberseitigen Konzern dienen, sind nicht freie Arbeitsplätze iSv. § 1 Abs. 2 S. 2, S. 3 KSchG. Der Arbeitgeber ist kündigungsrechtlich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine dieser Stellen zur Vermeidung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege der Änderungskündigung anzubieten.(Rn.22)
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. April 2014
Orientierungssatz
1. Wird bei einer gerichtlich genehmigungsbedürftigen Ausschlagung eine rechtzeitig beantragte Genehmigung nicht erteilt, so ist die Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB durch höhere Gewalt gehemmt.(Rn.12)
2. Für die Entscheidung über die Wirksamkeit einer zur Zeit ihrer Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht noch nicht betreuungsrechtlich genehmigten Erbausschlagungserklärung ist entscheidend darauf abzustellen, dass die betreuungsrechtliche Genehmigung und deren Bekanntmachung gegenüber dem Betreuer dem Nachlassgericht noch vor Ablauf der Ausschlagungsfrist nachgewiesen wird.(Rn.14)
1. Waren dem Arbeitgeber bei Zugang der Kündigung bestimmte Tatsachen nicht bekannt, darf er diese im Rechtsstreit zur Begründung der Kündigung zwar nachschieben, muss aber vorher den Personalrat zu ihnen - erneut - angehört haben. Einer weiteren Anhörung bedarf es nicht, wenn die neuen Tatsachen lediglich der Erläuterung und Konkretisierung der bisherigen, dem Personalrat bereits mitgeteilten Kündigungsgründe dienen. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn die neuen Tatsachen dem mitgeteilten Kündigungssachverhalt erstmals das Gewicht eines Kündigungsgrundes geben oder weitere, selbständig zu würdigende Kündigungssachverhalte betreffen. Das gilt auch dann, wenn der Personalrat der Kündigung zugestimmt hat.(Rn.23)
1. Bedienen sich die Kirchen der Privatautonomie, um Arbeitsverhältnisse zu begründen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den "eigenen Angelegenheiten" der Kirche iSv. Art 140 GG, Art 137 Abs 3 S 1 WRV allerdings nicht auf. Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt auch für die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse wesentlich.(Rn.23)
1. Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur bzw. Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird.(Rn.15)
2. Eine Alkoholerkrankung eines Arbeitnehmers kann bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen, wenn die vertraglich geschuldete Tätigkeit mit einer nicht unerheblichen Gefahr für den Arbeitnehmer selbst als auch für Dritte verbunden ist.(Rn.25)
3. Für eine erhebliche Beeinträchtigung des betrieblichen Interesses iSv. § 1 Abs 2 S 1 KSchG, kommt es nicht darauf an, ob und ggf. wie oft der Arbeitnehmer in der Vergangenheit objektiv durch seine Alkoholisierung am Arbeitsplatz gesetzliche Vorgaben verletzt hat oder ggf. unerkannt arbeitsunfähig war. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber aufgrund der im Kündigungszeitpunkt fortbestehenden Alkoholerkrankung jederzeit mit einer Beeinträchtigung Arbeitssicherheit durch den Arbeitnehmer rechnen musste.(Rn.26)
1. Nach § 15 Abs 1 S 2 KSchG ist die Kündigung eines ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieds bzw. eines Ersatzmitglieds nach Beendigung seiner Vertretungstätigkeit innerhalb eines Jahres nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Voraussetzung ist damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs 1 BGB. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine soziale Auslauffrist gewährt.(Rn.17)
2. Eine krankheitsbedingte Leistungsminderung ist zwar nicht generell ungeeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs 1 BGB darzustellen. Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber aber zuzumuten, die geltende Kündigungsfrist einzuhalten. Für eine außerordentliche Kündigung aufgrund krankheitsbedingter Leistungsminderung bedarf es eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Schon eine ordentliche Kündigung wegen einer Leistungsminderung setzt voraus, dass die verbliebene Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar ist. Für die außerordentliche Kündigung gilt dies in noch höherem Maße.(Rn.20)
3. Ein wichtiger Grund für die angestrebte Rückstufung des Arbeitnehmers folgt nicht daraus, dass der Arbeitgeber ihn krankheitsbedingt nicht vollschichtig mit Aufgaben hätte beschäftigen können, die zur Tätigkeit nach der Stellenbeschreibung gehören. Ist das Arbeitsverhältnis nur aus wichtigem Grund kündbar, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zuzumuten, eine krankheitsbedingte Leistungsminderung des Arbeitnehmers durch entsprechende Maßnahmen, etwa eine dies berücksichtigende Aufgabenverteilung, auszugleichen.(Rn.22)
4. Dass die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers die zu erwartende Leistung in einem Maße unterschreitet, das dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem bestehenden Arbeitsvertrag unzumutbar machen würde, hat der Arbeitgeber darzulegen. Ein sich aus unterschiedlicher Leistungsfähigkeit ergebendes Ungleichgewicht haben Arbeitgeber und Mitarbeiter in gewissem Rahmen hinzunehmen. Nicht jede Minderleistung verlangt nach einer Reduzierung der Vergütung.(Rn.25)
1. Im öffentlichen Dienst kommt § 613a Abs 1 BGB grundsätzlich bei einer Übertragung wirtschaftlicher Tätigkeiten - jedoch nicht bei einer Übertragung von Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse - zur Anwendung.(Rn.17)
2. Bei § 613a BGB handelt es sich um zwingendes Recht, der Betriebsübergang erfolgt von Rechts wegen. und ungeachtet anderslautender Abmachungen.(Rn.24)
3. Es ist ohne Bedeutung, in welchem (vermeintlichen) Rechtsverhältnis der Übernehmer die bisherigen Arbeitnehmer nach der Übernahme (weiter-)beschäftigt. Die Verträge und Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Übergangs zwischen dem Veräußerer und den im übertragenen Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmern bestehen, sind als zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen anzusehen, unabhängig davon, welche Einzelheiten dazu zwischen beiden vereinbart worden sind.(Rn.24)
4. Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Falle des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach der Betriebsübertragung geht mangels eines mit ihm bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere. Eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist unbegründet.(Rn.27)
Änderungskündigungen sind "Entlassungen" im Sinne von § 17 KSchG. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das ihm mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ablehnt oder - und sei es ohne Vorbehalt - annimmt.(Rn.36)
Orientierungssatz
1. Liegt der Grund für den Wegfall des Arbeitsplatzes im Umsatz- und Auftragsrückgang, muss der Arbeitgeber beweisen, dass es sich um einen dauerhaften Zustand handelt. Dazu kann die Entwicklung des Geschäfts in vergleichbaren Referenzperioden davor liegender Jahre konkret - in Zahlen ausgedrückt - vorgetragen werden. "Unübliche" Schwankungen des Auftragseingangs in einer bestimmten, verhältnismäßig kurzen Periode belegen keinen nachhaltigen Einbruch.(Rn.22)
2. Hat der Arbeitgeber eine nach § 17 Abs 1 KSchG erforderliche Anzeige nicht erstattet, führt dies gem. § 17 Abs 1, Abs 3 S 2 KSchG iVm. § 134 BGB zur Unwirksamkeit der Beendigungskündigungen - auch derjenigen, die im Rahmen von Änderungskündigungen erklärt worden sind.(Rn.46)
Zeiten, während derer ein Leiharbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert war, sind in einem späteren Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Entleiher regelmäßig nicht auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG anzurechnen.(Rn.23)
1. Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt - unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - allenfalls in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Allerdings ist der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden.(Rn.17)
2. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber nicht nur darzutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers am bisherigen Arbeitsplatz infolge seiner Organisationsentscheidung nicht mehr möglich ist. Er hat vielmehr außerdem und von sich aus darzulegen, dass überhaupt keine Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum "wichtigen Grund" .(Rn.22)
3. § 15 Abs 4 KSchG und § 15 Abs 5 KSchG senken nicht etwa die Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung ab. Sie erklären vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen eine ordentliche Kündigung für zulässig.(Rn.24)
5. Hat das Integrationsamt lediglich die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung erteilt, ist darin weder - zugleich - eine Zustimmung zu einer auch ordentlichen Kündigung enthalten, noch kann die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach § 43 Abs 1 SGB 10 in eine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung umgedeutet werden.(Rn.27)
1. Es ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, eine Mitarbeiterin weiter zu beschäftigen, die bereit ist, um der Vertuschung eigener Fehler willen Akten zu manipulieren, sodass eine Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt ist.(Rn.19) Ein solcher, mit möglichst großer Heimlichkeit einhergehender Täuschungsversuch wird auch durch jahrzehntelange pflichtgemäße Aufgabenerfüllung nicht aufgewogen.(Rn.21)
2. Mit der Beschlussfassung durch die Einigungsstelle hat das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren sein Ende gefunden. Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es nicht darauf an, ob der Beschluss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits schriftlich begründet, vom Vorsitzenden unterschrieben und den Beteiligten übersandt worden war.(Rn.34)